Das Klima fühlt sich aber schon mediterran an und die Sprache der Südtiroler teilt sich in Deutsch, Italienisch und Ladinisch. Wie kommt es dazu?
Geschichtlicher Hintergrund:
Bis zum Ende des 1. Weltkrieges im Jahr 1918 gehörte Südtirol und Trentino zur Grafschaft Tirols, dem Habsburgreich. Die Donaumonarchie zerfiel nach dem Krieg und Südtirol wurde von den Italienern besetzt. Im Vertrag von Saint Germain wurde im Jahr 1918 Südtirol endgültig Italien zugesprochen. Südtirol sollte italienisiert werden, die deutsche und Ladinische Sprache wurden verboten. Vor allem in Bozen wurden gezielt italienische Bürger angesiedelt, um die Ausrottung der deutschen und Ladinischen Sprache zu beschleunigen. Das Südtiroler Volk wehrte sich dagegen und unterrichteten weiterhin in geheimen Schulen die deutsche und Ladinische Muttersprache.
Im Jahr 1939 schlossen Hitler und Mussolini einen Pakt, der den Südtirolern eine Umsiedlung in das Deutsche Reich anbot. Wohin die Umsiedlung erfolgen sollte, war nicht klar. Aber wer in Italien bleiben wollte, musste die italienische Sprache anerkennen und nur noch diese sprechen. Ortsnamen wurden von deutsch auf italienisch abgeändert, auch die Namen der Bevölkerung wurde italienisiert. Nach dem zweiten Weltkrieg kamen viele Südtiroler wieder zurück in ihre verlassene Heimat um dort zu leben. Im Pariser Vertrag von 1946 sicherte Italien Südtirol Autonomie zu und anerkannte Österreich als Schutzmacht. Mittlerweile gilt Südtirol als Modellbeispiel für Autonomie von ethnischen Minderheiten und zeigt, wie auch bei einer sehr konfliktreichen Vergangenheit ein friedliches Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsgruppen möglich ist. Heute leben rund 1,67 Millionen Menschen in Südtirol, eine der schönsten und vielseitigsten Gegenden Europas.
Ursprung der ladinischen Sprache
Die Ladinische Sprache entstammt der rätoromanischen Sprache und ist eine neolateinische Sprache. Die Bezeichnung LADIN leitet sich vom lateinischen LATINUS ab.
Nach der Eroberung der alpinen Regionen durch das Römische Reich im Jahr 15 v. Chr. übernahm eine einheimische Bevölkerung das Volkslatein der Beamten und Soldaten, ohne jedoch gänzlich auf die eigene Sprache zu verzichten. Das Dolomitenladinische wahrt viele Eigenheiten jenes Latein des Römischen Reiches. Die Struktur des Ladinischen weist aber auch keltische Einflüsse auf. Im ganzen Ladinischen Sprachgebiet finden sich noch vorlateinische Ortsnamen sowie einzelne Wörter, die aus vorrömischer Zeit stammen. Die Ladinische Bevölkerung ist nach wie vor unheimlich stolz auf ihre Sprache, auch wenn sie einer Minderheit angehört. Sie schützen und ehren das Erbe der Väter mit aller Macht und ganzem Herzblut.
Hier gibt es ein Online-Nachschlagewerk von 99 Wörtern
Hier gibt es ein Online-Übersetzungsprogramm
Der Mensch im Einklang mit der Natur
Wie überall in den Alpen war das Leben geprägt von harter Arbeit am Bauernhof und auf den steilen Feldern. Durch gegenseitige Unterstützung und gemeinsamer Nutzung diverser Hilfsmittel meisterten sie den strengen Alltag. Durch Teilung der Arbeitsgeräte wurden Wirtschaftsgemeinschaften gegründet und ländliche Siedlungskerne auf halber Höhe an den Sonnenhängen gelegen, wurden von einigen Familien gemeinsam bewohnt. Somit wurde das Individuum gestärkt. In den kalten und dunklen Wintermonaten wurde gemeinsam gebastelt, gehandarbeitet und feinste Kunst aus Naturmaterialien hergestellt, die in den Sommermonaten an Gäste verkauft werden konnte.
Die Ladiner arbeiten gemeinsam, feiern gemeinsam, leben gemeinsam. Noch heute ist dieses Verhalten spürbar, denn gemeinsam ist besser als einsam.
Die Identität der Ladiner
Verschiedenen Studien zufolge ist die Ladinische Bevölkerung fleißig, ehrgeizig, besitzt viel Stolz, sind dem Heimatland extrem verbunden und zeigt extreme Sympathie für andere ethnische Gruppen. Die gemeinsame Sprache unterstützt oben genannte Punkte. Durch diese Identität sind die Ladiner offen für andere Kulturen und Menschengruppen, dies ist die beste Voraussetzung für den Tourismus, der aus heutiger Sicht eine der wichtigsten Einnahmequellen Südtirols ist.
Auf den Spuren der Südtiroler Vergangenheit
Noch heute gibt es zahlreiche Ausstellungen und Museen, die auf die oben beschriebenen Themen näher eingehen. So sollte unbedingt das Freilichtmuseum am Sass de Stria besucht werden, das die Geschichte des 1. Weltkrieges in den Fokus stellt. Den Aufstieg zum Sass de Stria Gipfel kann als Wanderung entlang der konstruierten Tunnels, die für die Versorgung der Stellungen dienten, bewältigt werden.
Ein weiterer Schauplatz des 1. Weltkrieges ist der Weg zum Lagazuoi-Gipfel. Wer ihn besteigt oder in seiner Umgebung über die Berg- und Almwege wandert, stößt immer wieder auf stumme Zeugnisse dieser Zeit. In den einsamen, verwitterten Steinhäusern waren Militärposten untergebracht. So manches Gipfelkreuz, das man als Wanderer ansteuert, entpuppt sich als wilder Soldatenfriedhof. Wer hier begraben ist, Italiener oder Österreicher, weiß heute niemand mehr. Wanderern am Lagazuoi werden schnell die unterbrochenen Kammlinien, die Krater in den Felsen und die wie tote Augen aus dem Berg schauenden Löcher auffallen.
Ladinische Museum „Ciastel de Tor“
Im Schluss Thurn, einer mittelalterlichen Burganlage, kann das Ladinische Landesmuseum für Geschichte und Kultur der Dolomitenladiner besichtigt werden. Das Schloss liegt auf einer kleinen Anhöhe oberhalb des Dorfes St. Martin in Thurn und bestimmt zwei wesentliche Elemente der gemeinsamen Identität von mehr als 30.000 Ladinisch sprechenden Menschen – die einzigartige Sprache und die besondere Gebirgslandschaft inmitten der Südalpen.